Südafrikas Landenteignungsgesetz

Im Oktober 2020 wurde in Südafrika ein Landenteignunggesetz vorgelegt. Der Gesetzentwurf  betrifft eine umfassende Landneuverteilung für landwirtschaftliche Zwecke und Ansiedlungen.und soll ein Gesetz aus dem Jahre 1975 ersetzen, das mit der Verfassung nicht vereinbar ist. Dabei werden Regeln festgelegt, wonach die Regierung Ansprüche auf Land “im öffentlichen Interesse” und “für öffentliche Zwecke” geltend machen kann. Fälle entschädigungsloser Enteignung sind möglich. 

Sicher wird das Justizsystem im Zuge der Ausführung stark in den Prozess stark einbezogen werden. 

Die Geschichte des Landbesitzes wirft in Südafrika lange Schatten

Sol Plaatje, einer der Gründungsväter des African National Congress (ANC) im Jahr 1912, damals der South African Native National Congress (SANNC), hatte bereits zur damaligen Zeit das berüchtigte Landgesetz von 1913 angegriffen. Dieses hatte der einheimischen Bevölkerung lediglich 7 ½% , später 13% der Landfläche der 1910 ins Leben gerufenen Südafrikanischen Union,[ https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCdafrikanische_Union Union ] – der späteren Republik Südafrika, zugesprochen. Daraufhin wurden Tausende Afrikaner erbarmungslos heimatlos gemacht und ganze Dorfgemeinschaften von ihrem angestammten Land vertrieben. Plaatje war Mitglied der SANNC Delegation, die 1914 in London erfolglos die Hilfe der britischen Kolonialmacht erbeten hatte. Er veröffentlichte später das bewegende Buch „Native Life in South Africa“ (Das Leben der Eingeborenen in Südafrika).

OLD MAP OF SOUTH AFRICA

1913 begann, was während der Apartheid fortgesetzt wurde und zur Zwangsumsiedlung von über vier Millionen Afrikanern führte.

Die Ausführung des Gesetzes von 1913 strafte die begütigenden Worte der damaligen britischen Regierung Lügen. Diese hatte bereits einer Nicht-Weißen Delegation, die in der Übergangszeit vor 1910 nach London gereist war, gesagt sie sollte sich keine Sorgen machen. Auch die Nachkommen der Buren, damals die Mehrheit der weißen Minorität in Südafrika, “seien gute Christen, die der großen Nicht-Weißen Mehrheit gerecht werden würden”. Die Delegation war wegen ihrer Wahlrechte besorgt gewesen, und plädierten, diese sollten in der neuen Verfassung gemeingültig für die zwei zusammengelegten britischen Kolonien und zwei Burenrepubliken für alle Bürger festgelegt werden. Im Jahr 1852 war im Kap ein nicht-rassisches Gesetz eingeführt worden, mit einem Wahlrecht auf der Grundlage von Bildung und Besitz. Das wurde in der Verfassung der Union nicht für alle Provinzen festgelegt. Unter Apartheid wurde dann auch das Wahlrecht im Kap Nicht-Weißen entzogen. 

Von Beginn der Südafrikanischen Union an standen also die Landenteignung und die Landfrage generell, neben den Bürgerrechten, stets inmitten des Konflikts zwischen der Minderheitsregierung und der Nicht-Weißen Bevölkerung.  Nachdem 1994 die erste demokratische Verfassung den ANC an die Regierung brachte, war die Frage bisher nicht befriedigend gelöst worden. 

Die Aussicht auf mögliche Enteignung, auch ohne Entschädigung, wird nicht nur Angst sondern auch Gerichtsverfahren auslösen. Bulelwa Mabasa, Mitglied des Landreformrats des Präsidenten versicherte, dass das Gesetz nicht zu Schnellverfahren wie im Nachbarland Zimbabwe führen wird. Sie erklärte, Entscheidungen betreffend Entschädigung würden laut des vorgeschlagenen Gesetzestextes bei der Justiz liegen. Außerdem sei Entschädigung nur eine der möglichen Formen des Ausgleichs und der Reformmaßnahmen, auch wenn sie in den Medien das größte Interesse erregte. In der Ausführung der gesetzlichen Regelungen sei man um Fairness und Machtausgleich bemüht, und diese seien durch die gerichtliche Kontrolle abgesichert. Enteignung ohne Entschädigung sei nicht gleichbedeutend mit Verstaatlichung. Der Staat würde im Gegensatz zu Zimbabwe nicht das gesamte Land unter seine Kontrolle bringen wollen. 

Mabas sagte, stattdessen würden Landeigentümer vor einer geplanten Enteignung informiert werden, wobei der Staat mitteilen müsse warum die Regierung das Land beanspruchte, was etwa darüber recherchiert wurde, oder was der Zweck der Enteignung sei. 

Bevor das Gesetz dem Parlament vorgelegt wurde, veröffentlichte die Regierung den Text unter Bekanntmachung, unter welchen Umständen keine Entschädigung zu zahlen sein würde. Das schließt etwa unbenutztes Land ein, von dem der Eigentümer lediglich durch erhöhten Marktpreis profitieren möchte oder das der Eigentümer aufgegeben hat; oder auch Land, das die Gesundheit oder Sicherheit anderer gefährdet u.a.

Die Regierung erklärte, Enteignung ohne Entschädigung sei lediglich ein Instrument, das in geeigneten Fällen benutzt werden kann, um Landreform und Abhilfe von Missständen zu ermöglichen. Wichtig bleibt vor allem die Rechtssicherheit in diesem Kernbereich der Wirtschaft Südafrikas  – kritisch für seine wirtschaftliche Entwicklung und besonders für die nachhaltige Förderung der ländlichen Regionen und Gemeinden.