Südafrika hat den wenig beneidenswerten Ruf eines Landes mit hoher Kriminalität, sowohl was Gewaltverbrechen oder auch gewaltfreie Kriminalität betrifft: Es hat eine der höchsten Mordraten weltweit. Im Jahr 2022 fanden jeden Tag 68 Morde statt. Diese hohe Kriminalität hat eine Krise geschaffen, eine Einschätzung, die durch das düstere Bild bestätigt wird, das die in Genf ansässige „Global Initiative Against Transnational Organised Crime“ von den Verbrechensrisiken in Südafrika jüngst gemalt hat.
Dies war auch das Thema eines Artikels vom 24. November im Daily Maverick Online (DM), der die derzeitigen Bemühungen Südafrikas beschreibt, das Problem der schweren Kriminalität zu bekämpfen. Die organisierte Kriminalität ist weit verbreitet und gilt inzwischen als existenzielle Bedrohung.
Laut DM wurden 15 Märkte der organisierten Kriminalität als Bedrohung für „demokratische Institutionen, Wirtschaft und Menschen“ eingestuft. Die lange Liste schließt u.a. illegale Drogen, Waffen, Wildtierwilderei und -Schmuggel ein sowie Gewaltdelikte wie Erpressung, Raub, Menschenhandel, Entführung, und schliesslich Wirtschafts/Finanzdelikte und illegaler Bergbau. Es ist allgemein bekannt, dass fast zehn Jahre „State Capture“ – Vereinnahmung des Staates – unter der Präsidentschaft von Jacob Zuma das Land teuer zu stehen kamen. Nicht nur wurden Millionen von Menschenleben davon betroffen – die Armen überproportional stark –auch das Justizsystem wurde geschwächt, sodass das organisierte Verbrechen daraus Vorteile ziehen konnte. Banden und Netzwerke konnten sich etablieren.
Der in diesem Jahr erschienene Zondo-Bericht betreffend des „State Capture“ eröffnete ein neues Kapitel im Kampf gegen Korruption. Präsident Cyril Ramaphosa reagierte mit der Ankündigung der Einsetzung der Ermittlungsdirektion (ID) der Nationalen Strafverfolgungsbehörde (NPA) in Sachen Korruption und „State Capture“. Die ID soll zu einer Strafverfolgungsbehörde mit Ermittlungsbefugnissen ermächtigt werden, die in der Lage ist, komplexe und schwere Korruption zu behandeln. Es ist geplant, mutige Whistleblower zu schützen, was für die Verbrechensbekämpfung unerlässlich ist.
Im Zuge von Zondo wurden VIPs – Politiker sowie Zivilpersonen – festgenommen, auch Unternehmen wurden angeklagt. Weitere Fälle werden sicherlich noch folgen. In vielen Fällen wurden die Angeklagten schuldig gefunden. Darüber hinaus gelang es der NPA Einheit, die sich mit Vermögenswerten befasst, dem Staat Milliarden von Rand an gestohlenem Besitz zurück zu holen!
Die NPA tut ihr was sie kann, das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Justizsystem wiederherzustellen, in ihrem Bemühen, zur „Norm“ zurückzukehren, dass Verbrechen bestraft werden.
Südafrika war früher vorbildlich im Kampf gegen die organisierte Kriminalität.
Zweifellos ist viel Arbeit vonnöten, um seinen Ruf wiederherzustellen, und sie sollte so schnell wie möglich angegangen werden. Es benötigt eine Strafverfolgungsbehörde mit hochqualifizierten Staatsanwälten, die in der Lage sind, sowohl mit Korruption umzugehen, sowie die gefährlichen Kriminellen zu bekämpfen. Der DM spricht von der Notwendigkeit eines multidisziplinären Einsatzes, den es zwar gab, der aber nicht immer sehr gut funktioniert hatte. Dies bedeutet die Zusammenarbeit verschiedener Organisationen wie der Hawks – der Polizeieinheit für vorrangige Strafermittlungen – den Steuerbehörden, der zuständigen Spezialermittlungseinheit und dem Wirtschafts- und Finanzsektor. Strukturen und Personal müssen neu aufgebaut werden, um den unvermeidlichen zukünftigen „Schocks und Belastungen“ standzuhalten.
Es müssen neue Strategien entwickelt werden, um die Aktivitäten einer relativ kleinen Anzahl entschlossener Krimineller zu stoppen, die eine ernsthafte Bedrohung darstellen. Wie der DM beschreibt sind es die, die zur Zeit erfolgreich sind und „tiefe Taschen, listige Anwälte und mächtige Freunde haben“. Der Artikel sagt, dass die Kriminalbehörden diese besiegen müssten, indem sie neu „über die sich entwickelnde Bedrohung nachdenken müssen, der das Land ausgesetzt ist“.
Allerdings müssen vor allem die Ursachen der Krise angegangen werden, nämlich die riesige Arm-Reich-Kluft, die tiefe Armut, die hohe Arbeitslosenquote die insbesonders junge Menschen betrifft, die mangelhafte Dienstleistung des Staates und die lange Geschichte der Gewalt im Umgang mit Problemen. Den Behörden und der Zivilgesellschaft steht ganz klar ein langer Weg bevor.