Vor kurzem erhielt ich einen Zeitungsausschnitt aus der Lokalzeitung in Lüdinghausen, wo ich ein glückliches Jahrzehnt verbracht hatte, ehe ich zu meinem Sohn und dessen Familie in Dänemark zog.
Er hatte mit den Plänen des Heimatvereins zu tun, der für Spenden warb um zwei mutigen Männern ein Denkmal zu widmen. Den Anstoß dafür hatte Michael Kertelge gegeben, der sich seit langem mit der Geschichte der Juden in der Stadt befasst. Es ist eine erstaunliche herzerwärmende Geschichte des Zweiten Weltkriegs. In Lüdinghausen war bis zur Nazizeit eine kleine jüdische Gemeinde von meistens Händlern, auch Viehhändlern, integriert gewesen. Wie in anderen derartigen Gemeinden waren im Ersten Weltkrieg junge Lüdinghausener Juden unter den Frontkämpfern gewesen.
Dr. Strauss verließ Dortmund und wanderte überland um bei zwei Kameraden des Ersten Weltkriegs – Gustav Peik und Wachtmeister Wim Schriever – in Lüdinghausen Zuflucht zu suchen.
Einer war Dr. Adolph Strauss gewesen, ein Tierarzt der lange bei bei der Dortmunder Rennbahn gearbeitet hatte. Im Jahr 1868 geboren, hatte er erst mit 61 eine Nicht-Jüdin geheiratet. Während der Nazi Ära überschrieb er sein Vermögen seiner Frau Margareta Julia Luisa. Als sich das Ende des Krieges und Deutschlands Niederlage abzeichnete, waren auch Partner in ‚Mischehen‘ gefährdet. Dr. Strauss verließ Dortmund und wanderte überland um bei zwei Kameraden des Ersten Weltkriegs – Gustav Peik und Wachtmeister Wim Schriever – in Lüdinghausen Zuflucht zu suchen. Der Kaufmann Peik vesteckte ihn auf dem Dachboden, während der Wachtmeister Schriever die Maßnahme deckte. Im Zug der Denazifizierung schrieb Dr. Strauss, Peik habe ihm ‘in hochherziger und selbstloser Weise‘ Asyl gewährt.
Nach der Ankunft amerikanischer Truppen konnte Dr. Strauss in das Haus seines Bruders Hugo und Schwägerin Regina ziehen, die nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet worden waren.
Adolph Strauss wurde im Evangelischen Friedhof Lüdinghausen neben seiner Frau begraben.
Man muss Menschen wie den Herren Peik und Schriever für ihren Mut dankbar sein, besonders in diesen turbulenten Tagen, in denen der Antisemitismus wieder zugenommen hat. Wie Michael Kertelge sagt, lasst uns an sie erinnern.